Little Italy an der Zähringerstrasse

Die Älteren unter den Leserinnen und Lesern mögen sich noch an den Musiktempel namens «Gartenlaube» oder später dann «Z33» im ersten Stock des Restaurants «Johanniter» erinnern. Auch «Neu Züri» hiess es schon einmal. Zur Lokalität gelangte man von der Niederdorfstrasse her durch den «Johanniter» oder direkt, ebenerdig, von der Zähringerstrasse her. Bands wie «Sara Sahara and the Dunes» feierten dort Plattentaufe. Es gibt auch eine persönliche Verbindung des Schreibenden. Vor etlichen Jahren legte der, zusammen mit dem damaligen Betreiber, beim Albisgüetli die Wirteprüfung ab. Das Patent besitzt der Schreibende noch immer, den Musiktempel gibt es in dieser Form leider nicht mehr. Auch die angrenzende «Caroussel-Bar», zwischenzeitlich als Fumoir genutzt, gehört der Vergangenheit an.

Neuer Vibe in alten Mauern
Aus dem Musiktempel wurde vor sieben Monaten «Robin’s Little Italy». Die «Caroussel-Bar» ist seit sechzehn Monaten «Robin’s Coffee». Beide werden von Dennis Cobarrubias betrieben und verkörpern den italoamerikanischen Style, welchen man in amerikanischen Grossstädten findet. Betritt man das eine oder andere von der Zähringerstrasse her, so eröffnet sich einem eine andere Welt. Da ist zunächst die Einrichtung im Stil von, ja, von was eigentlich? Ein bunter Mix aus guter Stube, Grossstadtlokal und italienischem Restaurant. Letzteres rührt insbesondere von einer prominent in der Mitte des Raumes platzierten, monströsen Aufschnittmaschine der Firma Berkel her. Wie uns Silvano Rizzo, der Stellvertreter von Dennis Cobarrubias versichert, wird diese auch noch benutzt. Obwohl sich die Reinigung anschliessend sehr aufwendig gestaltet. Haben sich die Augen an das etwas spezielle Interieur gewöhnt, merkt man des Weiteren schnell: Umgangssprache ist Englisch. Dies ist weniger dem Konzept des New-York-Spirits geschuldet, den man hier mit dem «Little Italy» nach Down Town Switzerland bringen möchte, als dem Umstand der Herkunft des Personals. Dieses ist international, die gemeinsame Sprache daher Englisch. Das Publikum während unseres Besuches ist bunt gemischt. Offensichtlich Einheimische und Touristen. Von Studenten über ein türkisches Vater-Tochter-Gespann und asiatische digitale Nomaden in ihre Laptops vertieft bis hin zu hiesigen Pensionären. Bei Letzteren fehlt nur noch der obligate Jassteppich zur Unterhaltung. Für Unterhaltung sorgt auch der Inhaber. Mittwochs und donnerstags organisiert er englischsprachige Stand-up-Comedy-Abende. Der Name «Robin’s» ist übrigens eine Hommage an die Tochter von Dennis Cobarrubias.

Italoamerikanische Küche
Cobarrubias bringt im «Little Italy» den New-York-Spirit nach Zürich, die Metropole hat es ihm angetan. Auf der einfach gehaltenen Karte finden sich neben Pizza unter anderem auch ein Pastrami-Sandwich (Fr. 29.–) und die typisch italoamerikanische Chicken Parmigiana (Fr. 24.–). Wir entscheiden uns für einen «Salad of the Day» (Fr. 12.–) und einen «Basket of Chicken Wings» (Fr. 18.–), zur Vorspeise. Der Salat erweist sich als bunt gemischt, die Zutaten zum selbst anmachen werden separat gereicht. Die Chicken Wings werden heiss, an einer köstlichen und klebrigen Marinade serviert, wodurch sich der Verbrauch an Papierservietten drastisch erhöht. Man könnte sich überlegen, wie andernorts, ein Feuchttüchlein zur Verfügung zu stellen. Als Hauptgang erweist sich die Parmigiana Melanzane (gebratene Aubergine überbacken mit Mozzarella und Tomatensauce, Fr. 21.–) als geschmacklich sehr gut, in der Konsistenz aber eine Spur zu hart. Mein «Risotto of the Day» (Fr. 22.–), als Tomatenrisotto angepriesen, erwies sich am Tisch dann, mangels Tomaten, als Pilzrisotto (frische Champignons!). Geschmacklich ebenfalls gut, von der Konsistenz her aber die Spur zu weich, die den Melanzane fehlte. Das Lokal verfügt über einen erstaunlich gut bestückten Weinschrank. Dessen Inhalt war auf der aktuellen Weinkarte leider nicht oder zumindest nur zum Teil vertreten. Wir tranken deshalb je einen Dezi roten Hauswein zu Fr. 5.80. Die beiden Espressi zum Abschluss wurden uns aufgrund der Beanstandung der Melanzane und des Risottos von den sehr freundlichen Megi Beshiri und Silvano Rizzo offeriert.

Ein spezieller Ort
Das Konzept des «Robin’s» finden wir spannend, die Räumlichkeiten etwas aus der Zeit gefallen, nostalgisch. Lokale Einheimische sahen wir anlässlich unseres Besuches keine, die englische Umgangssprache sollte sie aber nicht abhalten. Daneben sind es vor allem Touristen, die das grosse Restaurant mit gut hundert Plätzen besuchen. Das «Little Italy» ist ein atypischer Ort für Zürich, für die Altstadt sowieso. Vielleicht könnte es genau darum klappen, ein Publikum anzusprechen, das in der Stadt auf der Suche nach einem speziellen Ort ist.
Wir kommen sicher wieder. Auch weil Silvano Rizzo aus dem Wallis kommt. Und eigentlich Französisch spricht.

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Sie bleibt (fast) wie sie war