Sie bleibt (fast) wie sie war

Vor 38 Jahren kam ich nach Zürich. Seitdem begleitet mich und meine Partnerin Maria die mittlerweile fast 150-jährige «Bodega» durchs Leben. Wir haben uns hier am langen Tisch gleich links des Eingangs kennengelernt.

In so einigen Lokalen konnten wir Wirtewechsel miterleben. Nicht immer führten diese zum Besseren. Kurz nach der Wiedereröffnung Ende August besuchten wir den unteren Teil und kürzlich nun auch die denkmalgeschützte Sala Morisca im ersten Stock. Für beides gilt: der Veränderungen wird man erst auf den zweiten oder dritten Blick gewahr.

Auf dem Boden der Tatsachen

Betritt man die «Bodega» durch den Haupteingang rechts, welcher im Winter geschlossen ist, landet man direkt im Tapaslokal. Und auf einem Fussboden, dem man ansieht, dass hier Geschichte(n) geschrieben wurde(n). Er blieb im Original erhalten. Ebenso Tische, Stühle und der gusseiserne Ofen. Verändert haben sich das Buffet und die Deckenlampen. Letzteres bemerkt man erst auf den zweiten Blick und nach Konsultation älterer Fotos. Verschwunden sind bei unserem Besuch auch die Spiegel an den Wänden. Neu dazu kam die Aufschnittmaschine hinter dem Buffet. Diese führt zu einer unvergleichlichen Feinheit des damit aufgeschnittenen Jamón Serrano (100 Gramm Fr. 14.–).

Das Personal, ein nicht unwesentlicher Bestandteil des Lokals, blieb erhalten. Es wurde neu mit roten Gilets anstelle der ebenso roten Bauchbinden ausgestattet. Neu dazugekommen sind drei Köche. Durch den schmalen Gang, vorbei am komplett renovierten WC, die Treppe hinauf, führt uns unser Weg in die denkmalgeschützte «Sala Morisca», den maurischen Saal. Auch hier bemerkt man die Veränderungen erst auf den zweiten Blick. Nicht mehr vorhanden ist das schmiedeeiserne Weinregal. Dadurch wurde der Raum luftiger und die Tische konnten neu arrangiert werden. Das wunderschöne Gesamtkonzept blieb als solches aber erhalten.

Veränderte Speisekarte

Verändert hat sich unter dem neuen Wirt David Martínez Salvany die Speisekarte. Neben den Klassikern wie Nuestra Paella (Fr. 48.–, ab zwei Personen), die neu aber mit Schweinsrippen anstelle von Poulet serviert wird, gibt es auf der regelmässig wechselnden Karte jeweils zwei bis drei neue Gerichte.

In unserem Fall waren dies unter anderem Huevo Estrellado, ein wachsweiches Stundenei, serviert auf Kartoffeln und überzogen mit einer Sellerie-Espuma. Serviert wurde es in einem typischen Tapas-Schälchen (Fr. 19.–). Meine Partnerin startete mit Cogollos, gevierteltem Mini-Lattich an einer feinen Romescu-Sauce mit Cantabrico-Sardellen (Fr. 26.–). Das sehr interessant schmeckende Gericht fand sich zwar unter der Rubrik Entrandes, Vorspeisen, auf der Karte, geht vom Preis und der Menge her aber durchaus auch als Hauptgang durch. Zu eben diesem wählten wir einerseits Chuleta, ein 300 Gramm schweres Bierschwein-Kotelett, aufgeschnitten neben dem Knochen, serviert mit konfierten Zwiebeln (Fr. 39.–); Beilage, Kartoffeln aus dem Ofen, separat. Meine Partnerin entschied sich für Parrillada, ein Teller, prall gefüllt mit Meeresfisch, Sepia und Gambas an einer Salsa Mery (Fr. 44.–). Auch hier die Beilage, Pimientos de Padrón, separat. Die Beilagen schlugen sich jeweils mit Fr. 9.– auf der Rechnung nieder. Das Abendessen schlossen wir mit einer sehr gelungenen Crema Catalana (Fr. 12.–) und zwei süssen spanischen Sherrys (à Fr. 12.–). Getrunken dazu haben wir eine Flasche Hacienda Cutillas zu Fr. 75.–. Damit schlug der Abend, inkl. einem Trinkgeld für unsere sehr aufmerksamen und freundlichen Kellner Lola und Xisco, mit stolzen Fr. 320.– zu Buche. Wer es etwas günstiger haben möchte oder muss, dabei aber nicht auf spanische Folklore verzichten möchte, bleibt mit Vorteil unten in der Tapas-Bar. Die bekannte Auswahl an Tapas blieb identisch und wird nur punktuell erweitert. Etwas angezogen haben allerdings auch hier die Preise. Ein Tellerchen schlägt sich neu mit Fr. 7.– auf der Rechnung nieder.

Fazit

Fast alles bleibt gleich. Ambiente und Personal sind unverändert. Dies ist, finden wir, zumindest für uns, wesentlich. Die Preise zogen etwas an. Insbesondere oben in der Sala Morisca. Für einen besonderen spanischen Abend in einer denkmalgeschützen Umgebung ist das durchaus in Ordnung.

Was nicht unbedingt sein muss, ist, dass mir ein spanischer Cantante mit dem italienischen Lied Volare noch zusätzlich etwas Folklore serviert. Aber dies sei jedem selbst überlassen.

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Little Italy an der Zähringerstrasse

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Kuriositäten (6) Quartier-Katzen